„Kunst ist unverschämt…

…weil sie Dinge vor uns versteckt hält“, sagt Kunstpatin Daniela Thiel und öffnet so ihrer Schülergruppe die Augen für die Jahresausstellung der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Sie ermutigt sie, unvoreingenommen hinzusehen. Besonders gut klappt das bei der Installation „Petersburger Hängung“: Der Besucher erklimmt ein Gerüst, um einen Überblick zu bekommen über das scheinbare Durcheinander am Boden. Hier springt wirklich jedem etwas anderes ins Auge. Man diskutiert, warum die Einzelteile so gar nicht zueinander zu passen scheinen. Erst nach dieser individuellen Sichtung erklärt Daniela Thiel, wie das Kunstwerk entstanden ist: Dass alle Studierenden mitmachen und in den Raum legen konnten, was immer sie wollten. Und ganz zum Schluss erzählt sie ihrer Gruppe, dass die „Petersburger Hängung“ die Dicht-an-Dicht-Hängung in alten Museen bezeichnet, die kein Stückchen Wand mehr frei lässt. Dann: Wissendes Schmunzeln bei den Schülern, weil sie die Ironie des Kunstwerks und seines Titels erkannt haben. Das sind die Aha-Momente, die Kunstpatin Daniela Thiel an ihrer Arbeit liebt.

Trotzdem ist es bequemer, wenn der Student zufällig neben seiner Arbeit steht. Schnell ist die erste Frage einer Schülerin: „Was hast du dir dabei gedacht?“ Antwort: „Das wär‘ ja jetzt langweilig, wenn ich dir das einfach erzählen würde. Mich interessiert ja, was du dir dabei denkst.“ Daniela Thiel schmunzelt leise. Die Schülerin aber sagt: „Ich habe Angst, wenn ich dein Kunstwerk sehe.“ – und schon ist sie mitten im Gespräch mit dem Künstler. „Sie hat Mut gezeigt – genau den Mut, den Künstler in ihren Werken beweisen, mit denen sie ihr Innerstes nach Außen kehren, und den ich den Schülern zeigen möchte“, freut sich Daniela Thiel.

Kunstpatin Daniela Thiel: „Ich versuche im übertragenen Sinne, die Bilder von der Museums-Wand herunterzunehmen; sie für die SchülerInnen greifbar zu machen.“